Tagebuch

 
 

Tagebuch, Togo April 2019

 

 

Freitag, 05.04.2019

Das Abenteuer beginnt! Mit 16 vollen Koffern haben wir uns am Flughafen in Kloten zum gemeinsamen Start unserer Reise getroffen. Im Gepäck mit dabei: Aufregung, eine grosse Portion Neugier und die Zuversicht, dass dieses Jahr (hoffentlich) alles wie am Schnürchen läuft.

Unser diesjähriges Team besteht aus Chirurgen, Anästhesiearzt, Krankenschwestern und ein Fotograf/ Übersetzer – davon drei gespannte Newcomers.

 

Was erwartet uns?

Mehr dazu, wenn wir in Lomé, Togo, gelandet sind. Bleib dabei, wenn es 2019 wieder heisst: ToGo opening eyes!

 

 

 

Samstag, 06.04.2019

Der Geruch nach verbrannter Erde steigt einem in die Nase. Schon wabert heisse, feuchte Luft in Wellen heran und setzt sich in allen Poren fest. Keinen Zweifel – wir haben Lomé erreicht.

 

Mehr oder weniger planmässig starteten wir um 8:30 Uhr in Zürich. Nächster Halt: Paris. Trotz Verspätung erreichten wir unseren nächsten Flug rechtzeitig und konnten unsere Reise fortführen. Technische Pannen beim Filmschauen während des Fluges brachten uns zum Lachen, aber auch zum Nachdenken. Wie sicher war dieses Flugzeug, wenn nicht einmal die Unterhaltung einwandfrei funktionierte?

Niamey (unser nächster Zwischenstopp) begrüsste uns aus rötlichem Dunst und mit Achterbahn-Luftströmen. Vielleicht lag es ja auch an den Flugkünsten des Piloten. Auf jeden Fall waren wir alle erleichtert, als die Maschine den Boden berührte, und unsere Mägen sich erholten.

 

Nach Lomé dauerte es dann noch gut eine Stunde. Kaum angekommen, stellen wir fest, dass zwei unserer Koffer auf der Reise steckengeblieben sind! Aber sehen wir es positiv: Keine Instrumente gingen verloren und Samana wird nun wie eine waschechte Afrikanerin eingekleidet.

 

Die weitere Reise führt uns durch die nächtlichen Strassen Lomés. Motorräder sind das bevorzugte Transportmittel für zwei und mehr Personen und Strassenregel gibt es grundsätzlich nicht so viele. Offensichtlich hat sich jedoch der Strassenzustand im letzten Jahr verbessert und die Schlaglöcher beginnen erst ausserhalb der Hauptstadt.

 

Gesund, aber ziemlich erschöpft kommen wir schlussendlich im Haus des Père Théo in Vogan an. Zwischen hier und der Schweiz liegen sieben Stunden, 7000 Kilometer. Es sind Welten.

 

 

Sonntag, 07.04.19

Juhuii – ausschlafen! Naja, so gut es bei diesen Temperaturen eben geht.

Gestärkt mit Omeletten und frischen Früchten machen wir uns heute auf den Weg zur Klinik. Aufräumen und Vorbereiten ist angesagt. Überraschenderweise sind Operations- und Aufnahmezimmer relativ sauber und geordnet! Die Putzaktion des letzten Jahres muss einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.

 

Wir gehen gleich ans Werk: Instrumente säubern, Material sichten und einräumen, Geräte testen… Zwischendurch besuchen wir ein lokales Schneidergeschäft, um Samana eine afrikanische Garderobe zu verpassen. Hinter der einfachen Hausfassade verbergen sich farbig gemusterte Stoffe, verschiedenste Schnittmuster und alte Singer-Nähmaschinen. Nach der Vermessung geht es zurück zur Klinik. Dort sind die andern mittlerweile fertig geworden und wir sind bereit für den Ansturm morgen.

 

Auf dem Heimweg besuchen wir Hubert, einen bekannten togolesischen Maler bei sich zu Hause und lassen den Arbeitstag in einer Strassenbeiz bei einem erfrischenden Bier ausklingen.

 

 

Montag, 08.04.19

Uff, der erste OP-Tag liegt hinter uns! So schön es auch war, schon am ersten Tag beginnen zu können, hatte er es wirklich in sich. Bei insgesamt neun Operationen mussten bei gleich zweien eine Vorderkammerlinse eingesetzt werden. Zudem machte uns eine gebückte, uralte Dame fast tödliche Komplikationen… Zum Glück ging alles gut! Nun haben wir die problematischen Fälle für die restlichen Tage abgedeckt – hoffentlich.

Armin geniesst es, eine zweite Augenchirurgin dabei zu haben. Er nutzt die Zeit, um mit der «Madame la Directrice» des Spitals zu konferieren und ist fleissig am Netzwerkeln.

 

Nach einem langen Arbeitstag freuten wir uns auf ein gemütliches Abendessen. Aber da waren wir nicht die Einzigen: Mücken hatten unser Haus erobert und durch den Regen am Vorabend wurden wir jetzt heimgesucht von Schwärmen an allem, was da fleucht und kreucht. Igitt! Daher verzogen wir uns nach dem Znacht schleunigst unter unsere Moskitonetze und freuten uns auf einen neuen Tag.

 

Wir sind gespannt, was der weitere Aufenthalt für uns bereithält.

 

 

Dienstag, 09.04.19

«Lucien bitte erkläre dieser Frau in Ewe…»

Ohne Vorwarnung, mitten im Gespräch plötzlich Dunkelheit. Stromausfall. Unruhig blicken wir Richtung Operationssaal. Dort ist jetzt Improvisieren angesagt! Die Taschenlampenfunktion unserer Handys war heute in der Tat ganz schön nützlich.

 

Insgesamt ging auch der zweite Operationstag sauber über die Bühne. Wir kamen zügig voran und liessen uns von Hindernissen wie Stromunterbrüchen nicht aus der Ruhe bringen. Neben Katarakt-Operationen stand heute zusätzlich eine Atherom-Entfernung aus dem Augenlid an. Dies brachte unseren Chirurgen eine willkommene Abwechslung. Die letzte Operation hinterliess jedoch einen etwas bitteren Nachgeschmack: Die betroffene Frau leidet schon seit drei Jahren an einer nicht-diagnostizierten Krankheit; schliesslich sind ihre Augenlider vor einem Jahr verklebt. Nun lag sie bei uns auf dem Tisch und betete um Heilung. Etwas skeptisch, aber noch im Glauben, dass er vielleicht etwas ausrichten konnte, schnitt Armin ihre zugeklebten Lider auseinander.

 

Betroffen mussten wir feststellen, dass ihre Augen schrecklich degeneriert waren und wir nicht mehr helfen konnten. Diese Frau würde für immer blind bleiben. Und trotz der Ungewissheit und Furcht, die sie während der Operation zweifelsohne verspürt haben musste, murmelte die junge Frau immer wieder: «God bless you! God bless you!»

 

So beenden wir unsere Arbeit mit einer nachdenklichen Note.

 

Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deswegen, geniessen wir anschliessend das afrikanische Beiz-Leben. Spontane Tänze und afrikanische Musik gehören selbstverständlich dazu. Wir lachen viel und wachsen als Gruppe zusammen!

 

 

PS: An all diejenige unter euch, die sich fragen, wo bloss die Fotos bleiben: Wir haben es versucht! Leider reicht das Internet nicht aus, um Schnappschüsse und dergleichen online zu stellen. Wir werden uns darum kümmern, sobald wir in der Schweiz sind und das WIFI verlässlich ist. Danke für euer Verständnis!

 

 

Mittwoch, 10.04.19

Nach einer (oder mehr) Tassen Kaffee und kurvigen Ausweichmanövern auf den sandroten Strassen Vogans wachen auch die Letzen unserer Gruppe auf. Wir sind bereit, neues Augenlicht zu schenken!

 

Heute war Kindertag in der Klinik: 3 kleine Togolesen zwischen sechs und zwölf warteten sehnsüchtig auf ihre Operation. Tapfer standen sie die Infusions-Piekser durch und schliefen dann bis Operationsbeginn tief und friedlich in den Armen ihres Mamis.

Unserem ersten kleinen Patienten setzten wir beidseits neue Linsen ein, nachdem diese ihm im Alter von fünf Monaten bei einer Katarakt-Operation entfernt worden waren. Dem nächsten Mädchen schnitt Armin eine Kalkablagerung im linken Auge heraus – dabei blieb es jedoch. Die traumatischen Verletzungen des Auges waren zu schwerwiegend, als dass operativ geholfen werden konnte. Und den letzten Knaben mussten wir schweren Herzens abweisen, da der Augendruck zu tief war – sein Auge war durch ein Trauma irreparabel geschädigt. Keine Operation der Welt würde ihm noch zu Augenlicht verhelfen.

 

Hoffentlich können wir für die nächsten Kinder mehr tun!

 

Den restlichen Tag hindurch hatten wir ein straffes Programm. Dominique und Armin operierten abwechslungsweise und wir können nun einen Tagesrekord von 13 operierten Augen aufweisen. Einen guten Schritt weiter in Richtung unserem Ziel von mindestens 100 Operationen!

 

 

Donnerstag, 11.04.19

Stau im Operationssaal! Neben den üblichen Verdächtigen im Zimmer kamen dann noch Krankenschwester-Studentinnen dazu. Mit den französischen Besuchern war unser OP eindeutig übervoll.

 

Nachdem der Operationssaal gestern so dicht besetzt war, hat es mich interessiert, wie viel Platz wir eigentlich zur Verfügung haben. Damit ihr euch ein Bild machen könnt: Wir haben in etwa 19 Quadratmeter für den eigentlichen Operationssaal, das Sterilisieren der Instrumente und maximal vier bis fünf Personen (alles darüber hinaus wird extrem eng). Die Instrumente werden in einem angrenzenden WC über dem Lavabo abgewaschen. Kurzum, die ganze Action spielt sich ungefähr in der Fläche eines Fussballtors ab.

Wir hoffen fest, dass das geplante Modular-Spital 2021 wirklich umgesetzt werden kann. Wir hätten so viel mehr Platz und könnten auch adäquater auf die Bedürfnisse der Menschen reagieren.

 

Ansonsten alles in allem ein erfolgreicher Tag. Unsere Chirurgen waren zackig unterwegs!

 

 

Freitag, 12.04.19

Sobedo! Sobedo! Doso!*

So tönt es jeden Morgen von allen Seiten, wenn wir die Klinik betreten. Die Menschen warten schon seit 6:00 Uhr auf unser Team und begrüssen uns mit hoffnungsvollen Gesichtern. Wenn wir sie dann in ihrer eigenen Sprache Ewe begrüssen, lachen uns alle an. An unserer Aussprache müssen wir wohl noch üben!

 

Heute hatten wir einen strikten Tagesplan. Freitag ist Markttag in Vogan und schon am Morgen wimmelten die Strassen von Menschen. Das Highlight der togolesischen Woche liessen wir uns natürlich nicht entgehen! Wir arbeiteten ohne Unterbruch und mit guten Resultaten bis vier Uhr durch und stürzten uns dann ins Gewühl der vielen Stände.

Fremdartige Gemüse, Öllampen aus Blechdosen, Holzzahnbürsten und sogar leere PET-Flaschen wurden feilgeboten. Und immer wieder sah man verkohlte, schwarze Fische – offensichtlich ein echter kulinarischer Leckerbissen…. Nicht nur der Fisch trug zum stechenden Geruch bei, den man während des gesamten Besuchs nie ganz aus der Nase verlor. Rohes Fleisch, Eintöpfe und andere Speisen färbten die Geruchsbombe entscheidend mit. Tief im Gewirr der Gassen fanden sich auch unheimliche Voodoo-Stände, wo unzählige Tierschädel, Haarwedel und andere kuriose Dinge ausgebreitet lagen.

 

Und über allem herrschte ein lautes Summen von den Horden an Menschen, die miteinander feilschten, ihre Ware anpriesen, redeten, weinten, lachten, lebten.

 

* Sobedo: Guten Tag / Doso: Dir auch einen guten Tag

Nice to know: Ewe wird im Süden von Togo und Ghana gesprochen und besitzt infolge der deutschen Kolonialbesetzung auch ein eigenes Alphabet. In den Schulen wird aber überwiegend französisch gelehrt, da Ewe-Lehrer rar sind.

 

 

Samstag, 13.04.19

Halbzeit! Wir sind seit sechs Tage hier und haben schon 65 Operationen erfolgreich abgeschlossen. Es läuft super!

 

Heute kamen die Kinder der letzten Tage zur Kontrolle. Ihre Gänge waren schon sicherer, sie schauten neugierig umher und die Augen leuchteten. Ihre Freude war förmlich greifbar! So toll, dass wir ihnen helfen konnten. Die Arbeit im Operationssaal lief auf Hochtouren. Gegenseitiges Foppen gehört mittlerweile zur Tagesordnung und Lacher entspannen die teils intensive Atmosphäre des OPs.

 

Abends erreichte auch David Kennedy, einer der Stiftungsräte, wohlbehalten unser Haus in Vogan. Mit sich brachte er langersehntes Material, das uns langsam, aber sicher ausging. Gemeinsam gehen er und Armin nächsten Montag nach Lomé, um die Lage für den eventuellen Spitalbau auszusondieren. Wessen Unterstützung ist nötig? Kann man überhaupt mit der Regierung zusammenspannen? Diese und mehr Fragen hoffen die beiden klären zu können. Bisher hat Armin fünf bestätigte Gesprächstermine mit Regierungsvertretern, Hilfsorganisationen, Unternehmern und Ärzten (Vision sans Frontière).

 

Mehr Updates dazu nächste Woche. 

 

 

Sonntag, 14.04.19

«Richard! RICHARD!»

Ein Greis kräht aus dem Untersuchungszimmer nach seinem Enkel. Weder sieht noch hört er und gehen kann er auch nur am Stock und das äusserst langsam und gekrümmt – ein bisschen wie eine Schildkröte. Sein Enkel Richard ist ihm eine grosse Stütze im Alltag. Ohne ihn geht gar nichts.

 

Die OP gestern verlief reibungslos. Wir hatten durch seinen Buckel schon befürchtet in Seitenlage operieren zu müssen, aber der alte Mann lag auf dem Rücken so gut, dass er den Tisch gar nicht mehr verlassen wollte. Heute stand dann seine Nachkontrolle an. Es war kaum zu glauben. Fast schon tänzelte er in die Klinik, lachte von einem Ohr zum andern. Endlich sah er wieder! Und auf die Frage, wo sein Enkel sei, hiess es: Ach der Richard, der geht wieder zur Schule. Ich brauche ihn nicht mehr!

 

Genau deshalb stehen wir morgens auf.

 

Insgesamt war es ein befriedigender Tag. Unseren gestrigen Patienten ging es den Umständen entsprechend und sie waren alle überglücklich, wieder sehen zu können. Trotz wiederholten Stromausfällen infolge eines mächtigen Unwetters verliefen die Operationen problemlos und wir konnten um halb vier Schluss machen. Zu Hause war leider die Stromzufuhr auch unterbrochen und so assen wir halt bei Kerzenschein. Welche Idylle – sie wurde leider durch fiese Ameisen aus dem Tischtuch unterbrochen…

Später lagen wir möglichst regungslos im Bett, um in der drückenden Luft ja nicht zu viel weitere Wärme zu erzeugen. Mit einem Mal fing der Ventilator an zu drehen. Der Strom war wieder da, wir wurden von einer heissen Nacht verschont!

 

 

Montag, 15.04.19

Mjam! Frische Mangos und Grapefruits zum Frühstück sorgen für einen super Start in den Tag.

 

Die Früchte hier sind wirklich köstlich. Ob Banane, Ananas, Papaya oder Mangos – alles schmeckt viel intensiver als bei uns in der Schweiz. Ansonsten ist unser Essen eher repetitiv und strikt vegetarisch. Es gibt viel Reis und Kartoffel mit scharfer roter Sosse. Und natürlich zu allem Erdnüsse. Ein saftiges Stück Fleisch wird wahrscheinlich als erstes auf den Tisch kommen, wenn wir zurück in der Schweiz sind.

 

Heute operierte Dominique erfolgreich zwölf Patienten. Somit wären wir total bei 89 Operationen! Das ist beinahe so viel, wie letztes Mal in der ganzen Zeit geschafft wurde – und wir haben noch drei volle OP-Tage. Falls nichts Unerwartetes dazwischenkommt, werden wir unser Ziel von 100 Operationen ganz sicher erreichen.

 

Nach einem anstrengenden, aber befriedigendem Tag tranken wir noch ein Bier, bevor wir uns in der einsetzenden Dämmerung auf den Heimweg machten. Die Abendsonne brachte die roten Strassen des Städtchens zum Leuchten. Ein richtig malerischer Spaziergang. Zum ersten Mal waren wir jedoch froh über unser togolesisches Deo der Marke «Mückenspray». Ansonsten wären wir wahrscheinlich von den Viechern aufgefressen worden, bevor wir das Haus des Père Théo erreicht hätten!

 

 

Dienstag, 16.04.19

«Cocorico! Cocorico!»

5:00 Uhr. Grrr, unser Hahn kräht. Mittlerweile möchte man sich am liebsten noch mal umdrehen und fünf Stunden weiterschlafen. Die fast zehn Tage ununterbrochenes Arbeiten machen sich langsam bemerkbar.

 

Der heutige Tag wartete mit zwei Trauma-Katarakten, einer Zonulolyse (Degeneration des Aufhängeapparats der Linse) und weiteren neun Augen auf. Unser OP-Team arbeitete tiffig und knackte die 100-Augen-Marke! Ein gutes Gefühl. Im Vorbereitungszimmer wurde bereits mit einer Inventarliste begonnen. Man bereitet sich auf die Abreise vor. Kaum zu glauben, dass unser Aufenthalt sich schon dem Ende zuneigt!

 

Als man sich schliesslich zum Mittagessen einfand, war von der Fotografin nur noch der Fotoapparat aufzufinden. Wo steckte Naomi? Hektische Betriebsamkeit brach aus. War sie entführt worden? Nee, dann wäre doch die Kamera auch weg. Fanden sich Spuren? Wer hat sie zuletzt gesehen?

Unterdessen sass die Verdächtige unbekümmert zu Hause in der Küche und wartete darauf, dass das Essen endlich transportbereit war. Zum Glück genügte ein Anruf beim Père um die Situation zu klären. So fiel heute unsere Pause wohl etwas länger aus.

 

Abends spazierte ein Teil der Gruppe den üblichen Weg durch die Felder nach Hause. Dominique rekrutierte dabei spontan einen weiteren kleinen Patienten. Mal schauen, ob wir ihn morgen in der Klinik sehen werden.

 

In Lomé nahmen Armin und David drei Termine wahr und erfuhren viel über das hiesige Gesundheitssystem. Es hatte sich auch die Möglichkeit eröffnet, vielleicht in Zukunft einen Dokumentationsfilm / Reportage über unser Projekt drehen zu können. Sie bleiben am Ball!

 

Eyitso! Bis morgen!

 

 

Mittwoch, 17.04.19

3, 2, 1…

«Ivanka!» Ein leiser Ruf aus dem OP ertönt. Ivanka und Naomi grinsen sich im Vorbereitungszimmer an. Aha, sie sind fertig. Der Ivanka-Schrei gilt als verlässliches Kennzeichen für alle Wartenden, dass die Operation vorbei ist. Schon geht die Tür auf und das Krankenheft wird uns entgegengestreckt. Nun gibt es Wasser und Kekse für die Frischoperierten.

 

Wieder liegt ein erfolgreicher Tag hinter uns. Unser Team gab nochmal Vollgas und wir konnten unserer Liste zwölf weitere Operationen hinzufügen. Zwischenstand: 113 operierte Augen. Wir steuern auf einen neuen Rekord zu!

 

Abends feierten wir in unserem «Stammlokal» Niggis Geburtstag. Aber oh Schreck! Die Erdnüsschen fehlten! Macht nichts, sagten wir uns, die bestellen wir einfach. Gesagt, getan. Ein einheimischer Gast nahm die Sache in die Hand und wir lehnten entspannt zurück. Schon beinahe hatten wir unsere Bestellung vergessen, als ein Motorbrummen zu hören war. Eine Frau bog auf einem altertümlichen Quad um die Ecke. Mit einer Hand am Steuer brauste sie mitten durch die Gäste und hielt quietschend vor unserem Tisch an. Da erst sahen wir, dass sie zwei Flaschen dabeihatte. Unsere gewünschten Erdnüsse! Schnell den Preis ausgehandelt, schoss die Alte mit einer gewagten 180°-Wende wieder davon. Wir brachen in Gelächter aus: Solch ein Service hat man auch nur in Afrika!

 

 

Donnerstag, 18.04.19

Highfive – wir haben’s geschafft! Nach weiteren sieben Operationen haben wir nun sage und schreibe 120 Augen operiert. Das macht uns so schnell keiner nach…

 

Auch an unserem letzten Tag wurden wir von erwartungsvollen Gesichtern und farbigen Gewänder im Wartesaal begrüsst. Zum letzten Mal bereiteten wir Patienten vor, überwachten Sauerstoffwerte, reichten Instrumente und setzen neue Linsen ein.

In unseren wohlbekannten Tagesablauf drang mit einem Mal das Rascheln und Wischen von Stoff auf glatten Klinikfliesen. Was das wohl war? Neugierig hoben wir unseren Blick – und schweiften gleich wieder herab. Unter dem Vorhang war ein Paar Hände auf dem Boden erschienen. Sie spannten sich an, zogen einen Körper nach. Da kam doch tatsächlich ein einbeiniger Patient in die Klinik gekrochen! Kurz darauf erfuhren wir auch warum. Da er auf beiden Augen nichts sah, konnte er keine Krücken benutzen und musste überall hin robben. Klarer Fall: Dem musste man helfen. Der arme Kerl kam natürlich sofort mit beiden Augen aufs OPs-Programm.

 

Bald schon hiess es Aufräumen, Inventar fertigstellen und Abschied nehmen. Wie rasant doch die Zeit an einem vorbeizieht, wenn man etwas mit Leidenschaft tut! Wir freuen uns riesig, dass wir so vielen Menschen helfen durften und sind dankbar für all die schönen und inspirierenden Momente, die uns geschenkt wurden.

 

Morgen ist Heimreisetag. Hoffen wir, dass die Fluggesellschaft dieses Mal einen besseren Piloten stellt!

 

 

Freitag, 19.04.19

Entspannt sitzen wir am Strand unter den Palmen. Vor uns ein kaltes Bier. Eine leichte Brise weht. Der Flieger von Lomé nach Paris geht erst um 23:00 Uhr und bis dahin geniessen wir den Nachmittag.

 

Heute morgen war es soweit: Nach einem späten Frühstück gingen wir ans Packen und Aufräumen. Zeit, um Abschied zu nehmen. Vor allem unseren Spinnenfreund aus dem Badezimmer werden wir besonders vermissen. Auf der Fahrt Richtung Lomé bewunderten wir zum letzten Mal die blühende Landschaft mit den vielen Palmen und typisch roten Strassen.

In der Hauptstadt trafen wir schliesslich Armin und David zu «Drinks on the Beach» und Abendessen. Wir waren natürlich neugierig, wie es den beiden in Lomé ergangen war. Wie ausgiebig waren die Gespräche gewesen? Welcher Plan würde man für die Zukunft fassen?

 

Die total dreizehn Gespräche während der letzten vier Tage haben doch einiges ergeben: Die Stiftung muss erst einmal normal registriert werden. Da sind wir bereits seit einiger Zeit dran und erreichen hoffentlich in ein paar Wochen dieses erste Etappenziel zum geplanten Spitalbau. Erst durch die darauf verliehene Stiftungsnummer können wir mit der Stadt Vogan einen Vertrag zum Landkauf aushandeln. Als nächsten Schritt brauchen wir einen ausgebildeten togolesischen Arzt, der bei uns im Spital arbeitet und uns seine Registrierungsnummer bereitstellt für die Abrechnungen. Im Prinzip funktioniert das System ähnlich wie bei uns – und das wohlbemerkt in einem der korruptesten Länder der Welt.

Jetzt ist einfach Ausdauer gefragt! Mit dem eventuellen Spitalbau werden wir die Situation nach den Neuwahlen abwarten, um sicherzustellen, dass unsere Verhandlungspartner auch nach den Wahlen noch in ihren Ämtern sind.

Insgesamt sind die 13 Gespräche sehr vielversprechend verlaufen. Dabei haben sich Armin und David sehr gut ergänzt, konnten viele Beziehungen auffrischen und wichtige Unterstützer für unsere Sache gewinnen. Geplant ist nun voraussichtlich das Einrichten eines zweiten Operationssaals für unseren nächsten Aufenthalt dieses Jahr.

 

Schlussendlich sassen wir, nach Begegnung mit zahlreichen Gepäckträgern, Unmengen an Sicherheitskontrollen und Wartezeit am Gate, im Flieger nach Paris. Erstaunlicherweise hoben wir pünktlich ab! Wir versuchten alle eine Mütze Schlaf zu kriegen bevor…

 

 

Samstag, 20.04.19

…wir um 7:00 Uhr Ortszeit in Paris landeten.

 

Gemächlich gingen wir unseren Transfer an – wir hatten immerhin fünf Stunden totzuschlagen. Der Flughafen Charles de Gaulle überwältigte mit Eindrücken von eilenden Menschen, Sauberkeit, enormer Auswahl im Angebot und Eleganz. Man wird fast erschlagen – der Unterschied zu Lomé könnte nicht grösser sein. Schon jetzt, nur wenig Tage später, erscheinen die roten Strassen und Lebensumstände wie eine ferne Erinnerung. Die strahlenden Gesichter und die Dankbarkeit dieser Menschen bewahren wir jedoch in unseren Herzen.

 

Auch wir blicken dankbar zurück.

Die togolesische Unterstützung beim Planen der OPs, Vorbereiten der Räume oder Übersetzen war sehr wichtig und erleichterte uns den Start ins Operieren. Wir hatten keine grösseren Komplikationen und die Eingriffe gingen ziemlich problemlos über die Bühne. Unser Operationsteam verstand sich und spornte sich gegenseitig zu Höchstleistungen an – kurzum sind wir einfach froh über den gelungenen Einsatz! Danke auch an alle zu Hause, die in Gedanken bei uns waren und uns anderweitig unterstützt haben.

 

Zurück in der Schweiz geht das Leben seinen gewohnten Trott. Ich hoffe jedoch, dass wir weiterhin unsere Augen offenhalten für die Zustände und Nöte der togolesischen Bevölkerung. Eine Möglichkeit unsere Arbeit in diesem Land zu unterstützen, bietet der Charity-Anlass am 9. November 2019 des Projekts «Niggi hilft Togo». Jetzt anmelden! Die Einnahmen kommen unserer Stiftung ToGo opening eyes zugute.

 

 

Meine Reise ist hier zu Ende. Die Stiftung führt aber dieses Jahr zum ersten Mal einen weiteren Einsatz in Vogan durch. Besuch uns also wieder, wenn es am 21. September 2019 heisst «ToGo opening eyes»!

 

 

Für's Team, Naomi Dall'Oglio