Togo-Tagebuch

 
 

Juli - August 2023

Der Abflug geht dieses Mal und das erste Mal mit Brussel Air via Brüssel nach Lomé. Alles gut und schön. Der Flughafen ist jedoch ohne Möglichkeiten im Vergleich zum Flughafen in Paris und die Fluggesellschaft hat sich auf die Frage nach Übernahme des humanitären Übergewichtes in unseren Koffern schon gar nicht ernsthaft gemeldet. Flug gut, alles gut!

 

Angekommen in Lomé geht es sofort weiter nach Vogan. Wir werden wie immer abgeholt und unser zweiter Bus steht tatsächlich da, funktionsfähig mit neuem Motor. Der neue Spitaldirektor Bonbonma und Père Théo begrüssen uns. Dann die mühsame 1.5 stündige Fahrt nach Vogan. Immerhin werden wir abgeholt und der nicht ganz taufrische Motor des VW Busses hält durch. Dann direkt in die Messe am Sonntag nach Afagnan. Unser Père Théo freut sich sehr, dass wir mit ihm kommen und zelebriert seine Messe zum Wohle aller. Die Stiftung ist nicht an eine Konfession gebunden, wir sind frei.

Dann Einrichten des Operationssaales. Alles schwierig: Alles ist ungeordnet in der Ablage und nicht in Regalen beschriftet abgelegt. Wir müssen mehrmals Sachen holen in ominösen Garage voll gestopft mit Müll aus Europa. Immer wieder müsssen wir unser wertvolles Material heraussuchen. Schliesslich gelingt es und wir sind bereit. Probleme dieser Art hätten wir nicht mit einer fixen Klinik. Diese lässt eine gute Ordnung und eine präzise Materialverwaltung zu. Deshalb sind wir auch so hartnäckig dran die Klinik zu realisieren. Helft uns! Kauft Backsteine,- es gibt davon über 500`000. Jeder kostet nur 5 Sfr. Damit können wir viel erreichen.

 

Sie warten auf die Operation

 

Das Operationsteam operiert andauernd, während das Architektenteam mit den verantworltichen Leuten für einen Spitalbau viele Informationen gewinnt. Kontakte werden in der ersten Woche hergestellt mit dem Architekten Kome Adegnon. Zuerst ist er abweisend, doch dann immer offener... Er kennt die Probleme eines grossen Baues. Im übrigen hat er immer zwei Leute auf der Baustelle, die andauernd den Bau überwachen und kontrollieren. Ganz abgesehen, dass Uta Junghardt als dipl. arch. ETH das Projekt regelmässig besucht und betreut.

 

Voruntersuch für die Operation

 

Wir arbeiten zusammen

 

Es finden unzählige Sitzungen statt, welche zeigen, dass ein hohes Interesse am Spitalbau in Vogan besteht. Mit dem Gesundheitsminister Moustafa haben wir sehr gute Gespäche über den Bau und zeigen ihn in allen Facetten. Uta erklärt mit dem Plan alle Details und Beatrice Stocker übersetzt alles, sodass der Minister doch grossen Gefallen findet.

Auch der Anwalt des Ministers namens Abalo (auch aus Vogan) ist im Gesundheitsministerium und begrüsst uns. Er ist ein sehr versierter Jurist und hat die Konvention mit dem togolesischen Staat und unserer Stiftung bereits zur fünften Version gebracht. Leider hat unser kritischer Stiftungsrat noch mindetens fünf offene Punkte, welche unbedingt diskutiert werden müssen.

Der Gesundheitsminister ist ein sehr kultureller Mensch und hat sich über die CD Sammlung als Geschenk von Andres Schiff mit dem wohltemperierten Klavier von Bach sehr gefreut (aus dem Jahre 1987).

 

In Aktion

 

Das ist aber noch nicht alles: Ein Treffen mit Victoire Dogbe, Premierministerin, zeigt, dass wir volle Unterstützung erhalten für das Projekt und zwar in jeder Hinsicht. Victoire Dogbe kommt aus Vogan und möchte die Armut bekämpfen. Vogan ist ihr ein grosses Anliegen, es ist der ärmste Teil im Lande Togo. Sie lädt uns ein zu einem privaten Essen. Unsere erste Einladung bei der Premierministerin. Sie wird uns helfen, wo sie kann. Mit dem Schutzschirm dieser wichtigen Leute können wir viel bewirken.

 

Morgens geht es dann weiter mit Operieren, aber auch mit Treffen. Wir können beides machen, da das Team voll funktionsfähig ist, währenddessen viel besprochen werden kann.

 

Unsere OP-Schwestern

 

Auch Kome Adgenon wird auf den Zahn gefühlt und wir sind immer sicherer, dass wir das gorsse Projekt mit ihm machen können. Dazu gehört eine Baustellenbesichtigung, wo er ein Schulhaus baut, und ein weiteres Treffen direkt im Spital in Vogan mit Klärung vieler Fragen. Das Budget wird auch besprochen und muss bereit sein nach unserer Rückkehr direkt im Stiftungsrat.

 

Nicht zu vergessen: Das meeting mit dem Prefekten von Vo (das ist der Kanton) und das Gespräch mit dem Maire im Hotel de Ville. Das ist der Bürgermeister von Vogan. Er ist ein stiller Mann, der genau zuhört. Alle geben uns die Erlaubnis das Projekt zu verwirklichen und es besteht ein offenes Fenster, das auch zu tun.

 

Die Operationen laufen mittlerweile sehr routiniert, und wir haben nach der Halbzeit unsere Ziele gut erreicht. Leider mussten wir heute ein 11-jähriges Kind mit weisser Pupille wegen Grauem Star absagen, da es zu unruhig liegt. Wir können die Vollnarkosen nicht sicher machen. Auch ein anderer Patient mit Grauem Star und totaler Netzhautablösung musste abgesagt werden. Wr bleiben dran und helfen so gut wir können.

 

Dann der grösste Voodoo Mark in Vogan immer am Freitag, - heute war dieser. Faszinierend und doch abstossend. Viele Gerüche sind in der Luft und ausser Stoffen ist eigentlich nichts erstrebenswert für uns Europäer.

 

Das Architekten-Team

 

Leider verabschiedet sich heute das Architektenteam mit Uta und Beatrice. Ebenso Nicole Wiederkehr, welche nach 1 Woche zurückreisen muss. Wir sind jedoch gut vorbereitet und bringen das Projekt wie geplant zu Ende. Es bleibt 1 Woche und wir sind bereit den ärmsten hier zu helfen.

 

Das ganze Team!

 

Und diese eine zweite Woche geht schnell vorbei. Nicole hat die beiden am OP-Tisch in der Vorbereitung gut eingeführt, sodass es nahtlos weitergeht. Hanna ist Anästhesieärztin, ist jedoch flexibel und freut sich auf eine andere Arbeit als immer nur zu Intubieren. Carmen ist eine sehr erfahrene TOA. Wir sind gespannt, ob wir das ohne Nicole schaffen. Es sieht, um es vorwegzunehmen, von Anfang bis am Schluss sehr gut aus und ohne Probleme.

 

Bei der Arbeit

 

Während des Schreibens werde ich von Malariamücken umkreist. Sehr lästig in diesem Jahr. Ob der Artemisia Tee aus Sichem gegen Malaria hilft, sei dahingestellt. Sichem ist genau in entgegengesetzter Richtung zu Anecho. Das war die Hauptstadt der damaligen deutschen Kolonie. Sie scheint Probleme zu haben mit dem steigenden Meeresspiegel. Sie ist gut anzuschauen im Zusammenfluss von Lake Togo mit Süsswasser und dem Meer.

 

Es ist auch der Sitz des Bischofs von Anecho, der uns 2015 so grosse Probleme bereitete mit der Einfuhr des Containers über die christliche Organisation OCDI. Eine der korruptesten Organisationen überhaupt.

 

Schliesslich werden wir zum Zentrum für Augen im Lande überhaupt, indem uns die Regierunsgselite aus Lomé besucht für Augenkontrollen. Die Premierministerin war bisher nur 1x da. Und alle hier auf dem Lande fühlen sich sehr geehrt.

 

Interessante Gespäche folgen mit Manuel Prempe, dem Chef des PNLC (Programme National du Lutte contre la Cécité). Das ist die Regierungsorganisation zum Kampf gegen die Blindheit. Es sind dort 16 Augenärzte integriert. 10 davon operieren. Sie machen alle Phako A. Das ist die alte Technik wie vor 30 Jahren bei uns. Wir bringen die neue Technik und das interessiert sehr. Die Qualität ist wichtig, da wir nur 2 Augen haben und doch sehen wir gelegentlich schlecht operierte Augen mit Phako A.

 

Phako B wird hoffentlich auch hier ankommen. Es ist teurer, aber besser., da übersichtlicher und genauer.

 

Auf dem Heimweg aus der Klink bleibt ein togolesischer Pickupwagen inmitten der Strasse stehen. Der Schwarzafrikaner spricht uns direkt an und sagt, er wollte für einen Freund eine Augenkontrolle und der Typ im Spital gab ihm keinen Termin. Er nennt den Typen, es handelt sich um unseren Techniker im Spital: „Ce noir là!“ Wir können uns nicht mehr halten vor Lachen auf der roten Sandstrasse in Togo. Der eine Schwarzafrikaner nennt den anderen: Ce noir là! Ob das mit Rasissmus zu tun hat, sei dahingestellt.

 

Die Strassen hier sind schön für Spaziergänge. Alles ist roter Sand mit grüner Vegetation. Die Sandstrassen sind anfällig auf Regen. Alles wird weggeschwemmt, Sandlöcher werden zu Tümpeln und die Befahrbarkeit wird noch schwieriger. Es heisst dann jeweils auf Französisch, die Krokodile erwarten Dich! Es gibt auch echte Krokodile. Doch diese muss man suchen. Sie sind versteckt tief im Busch und klein.

 

Die Pfützen nach dem Regen. Die Malaria-Mücken freuen sich.

 

Nebst den ruralen Leuten kommen viele Leute aus Vogan. Es hat sich herumgesprochen, dass wir hier sind. Das Vertrauen in unsere Arbeit ist hoch, sonst würden die Leute nicht 1 Stunde anfahren.

 

Eine zukünftige Klinik ist sicher ein starker Anziehungspunkt auch für wohlhabende Leute. Damit liesse sich viel Gutes bewegen für die Armen!

 

Unsere Übernachtung in Roten Kreuz ist gut. Wir sind zufrieden. Andere Möglichkeiten sind schon eher unbewohnbare Löcher. Da überzeugt auch nicht der Name: Hotel Better.

 

Schlafen geht hier überall. Die Armut ist da.

 

Meinungsmacher (Politiker) treffen uns. So der Bürgermeister, ein sehr zurückhaltender älterer Mann. Er ist sehr sympathisch, weiss jedoch nicht wie viele Leute in Vogan (wo wir sind) wohnen und muss im Google nachschauen. Eine Übersicht ist hier schwierig, hat es doch keine Strassenbezeichnungen.

 

So sind auch keine Volkszählungen wirklich möglich und alles, was mit dem Staate zu tun hat. Auch Steuern sind hier ein schwieriges Thema. Niemand hat eine richtige Adresse.

 

Schliesslich erreichen wir die über 100 Operationen. Wie sind sehr zufrieden. So ohne Komplikationen in diesem schwierigen Umfeld! Wir sind stolz auf unsere Anästhesisten, dass sie eine alte Dame so souverän retten konnten. Sie musste intubiert werden, da sie mitten in der Operation erbrach. Sie war nicht nüchtern, hat noch Foufou, das ist so ein Maisgericht, gegessen, gerade vor der Operation.

 

Die 100ste Operation. Und es geht weiter…

 

Ohne unsere Anästhesisten wäre sie wahrscheinlich gestorben. Lob auf Euch Anästhesisten, es braucht Euch wirklich und wir sind stolz auf Euch!

 

Bei einem der letzten Patienten konnten wir immerhin auf ewe, das ist die Landessprache hier, sagen „nanikpo“. Das heisst so viel wie „runterschauen“. Er sagte sofort auf französisch: „Was heisst das?“ So viel zu unserem mühsam erlernten ewe Wortschatz.

 

Heute ist schon die Rückreise. Wir freuen uns auf zu Hause und hatten eine sehr erfolgreiche Zeit in einer super Gruppe mit super Togolesen!